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Es gibt Dinge, die gehen uns erst einmal komplett gegen unsere Intuition. Sie stellen so ziemlich das Gegenteil dessen dar, was wir bisher für richtig hielten. Meist stellt sich so etwas entweder als kompletter Nonsense heraus – oder aber es steckt eine potenziell wichtige Erkenntnis dahinter.

Deshalb fordere ich Sie in diesem Beitrag heraus – ich möchte Ihnen ein Prinzip vorstellen, welches für viele gegen die Intuition läuft.

In der Praxis sehe ich bei den meisten Startups, dass sie dieses Prinzip nicht umsetzen können. Eigentlich schade, geht es hier doch darum, den Hebelarm kennenzulernen, mit dem Sie Ihr Unternehmen am effektivsten nach vorne bringen können.

Die Digitalisierung verlangt, Produkte radikal vom Kunden her zu denken

In der heutigen Zeit hat der Begriff Lösungsorientierung eine große Bedeutung. Viele Chefs verlangen von Ihren Mitarbeitern, sie sollten lösungsorientiert denken und nicht problemorientiert.

Dies mag ein guter Rat sein, wenn es um Team-Kultur und um Leadership geht.

Doch wenn es um Produkte-Entwicklung und um Marketing geht, dann liegen diese Chefs falsch. Gerade die Digitalisierung der Wirtschaft führt dazu, dass Produkte, die nicht klar den Kunden und seine Bedürfnisse in den Vordergrund stellen, zunehmend Probleme bekommen.

Uri Levine, ein israelischer Unternehmer und Mentor, hat dies so ausgedrückt:
«Fall in love with the problem, not with the solution, and the rest will follow.»

Zu Deutsch: «Verliebe Dich in das Problem, nicht in die Lösung, und alles andere ergibt sich von selbst.»

Warum ist dies sinnvoll, auch wenn es uns im ersten Moment vielleicht gegen den Strick geht? Ganz einfach: Wir können erst dann eine Lösung anbieten, wenn wir das Problem richtig erkannt haben.

Dies hat Implikationen – natürlich auf das Marketing, aber, noch viel wichtiger, auch auf die Produkte-Entwicklung.

 

Fall in love with the problem, not with the solution, and the rest will follow.

Uri Levine

In der Praxis läuft das fast immer genau falsch rum

In der Praxis der Produkte-Entwicklung passiert meist das Gegenteil: Wir haben eine Idee, perfektionieren diese, entwickeln so eine Lösung, dann verlieben wir uns immer mehr in diese Lösung, entwickeln sie weiter und zu guter Letzt haben wir ein perfektes Produkt – so wenigstens denken wir.

Sehr oft stellt sich dann jedoch heraus, dass es für unsere tolle Idee kaum einen Markt gibt. Die Idee funktioniert nicht. Ende.

Nicht selten macht man sich dann verzweifelt auf die Suche nach einem geeigneten Absatzkanal – man sucht also für die bereits vorhandene Lösung das passende Problem. Nicht selten kommt dann auch der ruf nach Marketing – sollen sich die Fachleute um den Abverkauf kümmern!

Speziell Startups sind beonders gefährdet, sich in die eigene Idee zu verlieben

Wie kann so etwas passieren? Anfänglich gingen wir doch auch von einer scheinbar relevanten Fragestellung aus, doch seltsamerweise hat sich die Sache dann in die falsche Richtung entwickelt.

Keine Angst, Sie sind nicht alleine, dieses Phänomen ist zutiefst menschlich.

  • Fast alle, die ein Unternehmen gründen, haben eine Leidenschaft und ein Talent in einem bestimmten Fachgebiet. Oft sind sie darin überdurchschnittlich gut; dies kommt auch daher, dass sie sich in der Vergangenheit mehr als andere damit beschäftigt haben.
  • Deshalb ist es nichts als verständlich, wenn Sie Ihre Lösung beständig im Auge haben.
  • Es braucht viel Selbstvertrauen und Mut, seine Ideen beständig zu hinterfragen.
  • Wer sich beständig hinterfragt, kommt auch nicht weiter.

Nun könnte man argumentieren, dass man es einfach oft genug ausprobieren muss,so wie die Pioniere in der Fliegerei (siehe Video unten).

 Was Sie brauchen, ist der richtige Ansatz, die richtige Methode. Dazu weiter unten gleich mehr.

Die Lösung nicht isoliert betrachten, sondern im Kontext eines Problems

Es geht mir hier lediglich darum, Ihrem Fokus eine leicht neue Richtung zu geben; Sie sollen die Lösung nicht vergessen, doch Sie sollten lernen, Ihre Lösung im Kontext, mit den Augen Ihrer Zielgruppe zu sehen.

Die Ursache für eine fehlgeleitete Geschäftsentwicklung liegt – aus der Sicht des Marketings und der Produkteentwicklung – fast immer bei den folgenden Punkten:

  • Sie haben die ursprüngliche Idee nicht validiert. Das heißt, Sie haben nicht überprüft, ob es einen Markt für Ihre Idee gibt. Achtung: Umfragen im Freundeskreis laufen nicht unter Marktforschung, sie liefern ein verzerrtes Bild des Marktes. Ihre Freunde meinen es gut mit Ihnen und wollen Sie nicht entmutigen, deshalb stimmt dieses Feedback oft nicht mit dem echten Markt überein.
  • Die ursprüngliche Idee basierte zwar auf einem Marktbedürfnis, doch im Verlauf der Ideen-Entwicklung haben Sie aufgehört, Ihre Entwicklung mit dem tatsächlichen Bedürfnis des Marktes abzugleichen – sie haben sich, ohne es zu merken, immer weiter davon entfernt.
  • Sie kennen die Fragestellungen Ihrer Zielgruppen nicht.
  • Noch eine Stufe schlimmer: Sie kennen Ihre Zielgruppe nicht.

Geschäftlicher Erfolg entscheidet sich fast immer daran, wie nah an der Zielgruppe Sie bei Ihrer Lösungsfindung dran sind.

Was hat das alles nun mit der Digitalen Transformation zu tun?

Die Digitale Transformation funktioniert an dieser Stelle als ein Katalysator, der entsprechende Änderungsprozesse ermöglicht und stark beschleunigt.

Konkret: 

  • Die Digitale Transformation öffnet die Märkte,
  • Sie senkt die Markteintrittshürden für neue Unternehmen,
  • Sie ermöglicht es, ein Marktfeld komplett anders zu bearbeiten, als dies traditionelle Unternehmen tun
  • Dies führt zu disruptiven Veränderungen – der Alptraum der einen, der unternehmerische Sechser im Lotto für die anderen
  • Sie verschafft etablierten Unternehmen plötzlich unbequeme und höchst aglie Konkurrenz

Was sind die Folgen?

Schlechte Produkte werden mehr und mehr aussortiert,

  • Es reicht nicht mehr, Kundenorientierung ins Unternehmensleitbild zu schreiben. Nur wer dies wirklich lebt, sieht echte Erfolge.
  • Beispiel: Wenn der schlecht gelaunte Taxifahrer nicht ganz schnell seine Kundenfreundlichkeit und sein Verständnis von einem guten Service um mindestens drei Stufen verbessert, dann wird er von Uber im wahrsten Sinn des Wortes «uberrollt».

Checkliste: So entwickeln Sie Produkte, welche Sie in der Digitalen Transformation voran bringen

Ihr Kunde kauft im Grunde nie ein Produkt, er kauft immer einen Nutzen – etwas, was ihm nützt. Ihre Aufgabe ist es nun, für Ihre Kunden zum besten Problemlöser zu werden. Dies hat nun einige Implikationen, die Sie unbedingt beachten sollten: 

  1. Sie müssen die Engpässe, die Probleme Ihrer Kunden en détail kennen. Nur so können Sie überhaupt eine Lösung bieten. Je besser Ihre Lösung zum Problem des Kunden passt, umso besser – und zwar für beide Seiten! So entsteht eine klassische Win-Win-Situation.
  2. Sie müssen Ihre Fähigkeiten so entwickeln, dass Sie die Probleme lösen können. Wie hieß dies nochmals bei Peter Ferdinand Drucker? «Das eigentliche Ziel des Marketings ist, das Verkaufen überflüssig zu machen. Das Ziel des Marketings ist, den Kunden und seine Bedürfnisse derart gut zu verstehen, dass das daraus entwickelte Produkt genau passt und sich daher selbst verkauft.» Diese Implikation ist ziemlich tiefgreifend, sie würde allein Stoff für ein Buch geben.
  3. Selektieren Sie Ihre Zielgruppen, sprechen Sie diejenigen an, deren Probleme Sie lösen können. Sie können unmöglich für alle Bedürfnisse eine Lösung entwickeln, sie müssten sich deshalb auf bestimmte Zielgruppen konzentrieren. An dieser Stelle möchte ich nur ganz kurz das Pareto-Prinzip anklingen lassen. Konzentrieren Sie sich auf die 20% Ihrer Zielgruppe, mit denen Sie 80% Ihres Umsatzes erwirtschaften können.

Wir können das oben gesagte im Grund ganz kurz und knapp in einer Formel zusammenfassen:
Problemkenntnis x Lösungskompetenz = Kundennutzen

Wenn wir hier noch das Thema Pricing dazu nehmen, dann entsteht die folgende Formel
Problemkenntnis x Lösungskompetenz x Preis = Gewinn

Damit kennen Sie die wesentlichen Stellhebel für Ihren geschäftlichen Erfolg. Wichtig in dieser Formel ist: Sowohl für den Faktor Problemkenntnis wie auch für die Lösungskompetenz ist eine genaue Zielgruppen-Kenntnis unabdingbar.